Wir haben im Hinblick auf die Wahlen am Sonntag alle Fraktionen mit ein paar Fragen zu Ihrer Sichtweise des §9 im KiBiZ, in dem es um die Elternmitbestimmung geht, angeschrieben. Die Fragen und die Antworten, die wir bis heute dazu bekommen haben, sind im Folgenden nachzulesen. Von CDU und FDP haben wir leider keine Rückmeldung bekommen.

1. Wie kann Ihrer Meinung nach eine legitimierte Mitbeteiligung der Eltern bzw. Elternvertreter auf Landesebene aussehen?

Andrea Ursula Asch – Bündnis90/Die Grünen

Wir haben als Grüne feststellen müssen, dass bei den politischen Entscheidungsträgern im Landtag ein großes Maß an Unwissenheit über die tägliche Arbeit, die Arbeitsbedingungen und die Bedarfe der Eltern sowie vor allem der Kinder in unseren Tageseinrichtungen besteht. Auch die Funktionäre von Trägern und Kommunalverbänden haben nicht immer die Belange der Beschäftigten, der Eltern und der Kinder vollständig im Blick. Diese entscheiden im Zusammenwirken mit der Landesregierung jedoch wichtige Fragen mit, sowohl im Vorfeld von Gesetzentwürfen wie auch über untergesetzliche Vereinbarungen. Ein Beispiel für diese Realitätsferne ist die so genannte Qualifizierungsvereinbarung: Darin haben sich Landesregierung und Verbände darauf geeinigt, dass ein/e Kita-Leiter/in bis zu 5 Einrichtungen gleichzeitig leiten darf, sofern diese in räumlichler Nähe zueinander liegen.

Als Grüne haben wir daraus den Schluss gezogen, dass die Rechte von Eltern und Beschäftigten gestärkt werden müssen. Ihre Vertretungen sollen künftig in der dafür vorgesehenen Koordinierungsgruppe Kindertagesbetreuung auf Ebene der Landesregierung einbezogen werden. Im Landtag haben wir Grüne immer darauf geachtet, dass Elternvertretungen und Beschäftigtenvertretungen zu Anhörungen von Sachverständigen eingeladen werden. Die Fraktionen von FDP und CDU haben in den vergangenen 5 Jahren hingegen kein einziges Mal Eltern- oder Beschäftigtenvertretungen als Sachverständige benannt.

Nicht zuletzt haben wir Grüne auch versucht, die verschiedenen Elternvertretungen auf Landesebene auch der unterschiedlichen Schulformen in eine große und schlagkräftige Landeselternvertretung zusammenzuführen. Dies scheiterte aber leider, da die Landeselternschaft von zwei Schulformen nicht mitmachen wollten.

Dr. Carolin Butterwegge – Die Linke

Eine stärkere Beteiligung der Eltern an landespolitischen Entscheidungsfindungen im Bereich der Kindertagesbetreuung ist zwingend notwendig. Nur so kann erreicht werden, dass auch die Interessen von Eltern und Kindern berücksichtigt werden. Dazu müsste ein NRW-weit legitimierter Landeselternrat entsprechend jenen im Schulbereich konstituiert werden, der bei Gesetzgebungsvorhaben u.a. ebenso gehört wird wie die Kommunalen Spitzenverbände, Wohlfahrtsverbände und andere Einrichtungsträger. Eine solche Institution müsste mit Landesmitteln strukturell unterstützt und seine Aufgaben gesetzlich verankert werden, um eine unabhängige Interessensvertretung und Mitsprache der Eltern leisten zu können.

Ingrid Hack – SPD

Als nordrhein-westfälische SPD haben wir uns in unserem Wahlprogramm aus gewichtigen Gründen für eine Stärkung von Elterngremien ausgesprochen. Gesellschaftspolitisch sehen wir das ehrenamtliche Engagement als einen der wesentlichen Stützpfeiler für den Zusammenhalt in unserem Land an. Hierzu führte unsere Partei im Dezember 2009 einen großen „Zukunftskonvent ‚Wir in NRW. Gemeinsam stärker’“ mit vielen hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch. Das Engagement von Eltern wurde dort nicht nur ausführlich gewürdigt, es wurde auch klargestellt, dass das Ehrenamt nicht kostenlos zu haben ist, sondern dass dafür auch Strukturen notwendig sind, die wir ausdrücklich fördern wollen. Folgerichtig haben wir auch in unserem Wahlprogramm die Arbeit von Eltern in Beiräten und in Kindertagesstätten hervorgehoben. Sie sind aus unserer Sicht auf allen Ebenen stärker einzubeziehen. Konkret heißt es hierzu in unserem Wahlprogramm:Entsprechend der gesetzlichen Regelung für den Schulelternrat wollen wir eine gewählte Elternvertretung auch in den Kitas über die Ebenen des Bezirksbeirates, des Stadtelternrates bis hin zum Landeselternrat. Wir wollen, dass der Landeselternrat Mitglied im ständigen Arbeitskreis Kinderbetreuung (‚STAK’) wird.“

2. An welchen Gremien auf Kommunal- und Landsebene können sich Eltern bzw. Elternvertreter (durch Gestaltung des Kibiz) beteiligen?

Andrea Ursula Asch – Bündnis90/Die Grünen
Auf Landesebene sollte der Landeselternrat Kita NRW in die Koordnierungsgruppe Kindertagesbetreuung einbezogen werden, die in der Vergangenheit auch schon „Steuerungsgruppe“ oder „Ständiger Arbeitskreis“ hieß. Im Landtag müssen die Fraktionen selbst darauf achten, dass Elternvertretungen eingeladen werden. Zwingende gesetzliche Vorgaben über das Kindergartengesetz oder die Gemeindeordnung zur Beteiligung von Elternvertretungen kann man den Kommunen nicht machen. Es handelt sich hier um eine kommunale Selbstverwaltungsangelegenheit, darein einzugreifen wirft verfassungsrechtliche Probleme auf.

Dr. Carolin Butterwegge – Die Linke
s.o
Ingrid Hack – SPD
Sofern die Antwort hierzu nicht schon zur ersten Frage gegeben wurde, füge ich noch etwas hinzu, das mir persönlich sehr wichtig ist. Aus allen Anhörungen und Expertengesprächen im Landtag habe ich gelernt, dass Kinder schon in den allerersten Lebensjahren lernen sollten, dass sie Rechte haben, die ihnen niemand nehmen darf. Denn nur so können sie von Anfang an selbst daran mitwirken, dass diese Rechte nicht verletzt werden. Vor allem für die Frage des Kinderschutzes ist mir dies ein zentrales Anliegen. Wir wollen, dass dies auch in den Kindertagesstätten verfolgt wird. Viele Projekte haben gezeigt, dass Kinder schon sehr früh in der Lage sind, Entscheidungen verantwortungsvoll und gemeinsam zu treffen, wenn der Prozess altersgerecht organisiert wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass den Eltern hierbei eine ganz wichtige Rolle zukommt und möchte Sie sehr dazu ermuntern, sich immer dann einzumischen, wenn Sie Ihre Interessen als Eltern, aber auch als Bürgerinnen und Bürger berührt sehen. Das kann sehr gut geschehen, indem Sie sich als Eltern in Gremien zusammenschließen, wie Sie es in diesem Anschreiben ja auch getan haben, dies kann natürlich auch in Kirchen, Vereinen, bei freien Trägern, in Parteien und anderen gesellschaftlichen Organisationen umgesetzt werden. Kinder, die sehen, dass sich ihre Eltern derart „sichtbar“ machen und Themen in die Öffentlichkeit bringen, fühlen sich sicherlich auch selbst darin gestärkt, wenn es um ihre eigenen Interessen geht. Dieses Gefühl können sie dann vielleicht sogar anderen Kindern vermitteln, deren Eltern sich nicht so engagiert einsetzen oder sogar – aus welchen Gründen auch immer – gegen die Interessen ihrer Kinder handeln.

3. Wie kann eine legitimierte Mitbeteiligung auch auf kommunaler Ebene aussehen?

Andrea Ursula Asch – Bündnis90/Die Grünen
Das Kinder- und Jugendhilfegesetz erlaubt schon heute die Einbeziehung von Elternvertretungen, die sich beispielsweise aus den Elternräten der Kitas bilden. Eine solche Einbeziehung kann über eine beratende Mitgliedschaft im Jugendhilfeausschuss stattfinden, wenn die Politik vor Ort so entscheidet. Es gibt auch eine ganze Reihe von Stadtschulpflegschaften, die sich aus den einzelnen Schulpflegschaften zusammensetzen und im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung eine beratende Mitgliedschaft im Schulausschuss erhalten können. Hierzu ist ein Ratsbeschluss notwendig. Man kann über einen so genannten Einwohnerantrag gemäß § 25 Gemeindeordnung NRW dem Rat ein solches Anliegen zur Entscheidung vorlegen, sollte aber im Vorfeld mit den Fraktionen und der Verwaltung das Gespräch darüber suchen.

Dr. Carolin Butterwegge – Die Linke
Die derzeitige Gründungsphase des vorläufigen SER ist das beste Beispiel. Um ein stadtweit legitimiertes Gremium für die Interessensvertretung der Kita-Eltern zu konstituieren, ist es nötig, alle Elternbeiräte Kölner Kitas (trägerübergreifend) einzuladen, auf einer Gründungsversammlung eine Satzung zu verabschieden und ein Leitungsgremium zu wählen, dass die künftige Arbeit koordiniert. Der schwierigste Teil des Weges dahin ist wohl jener im Vorfeld, bevor funktionierende Strukturen vorhanden sind. Viel Erfolg dabei – meine Unterstützung haben Sie, und ich stehe Ihnen ab Mitte Mai gerne beratend zur Verfügung!

Der Stadtelternrat sollte in die Kitaplanung der Kommune und einzelner Stadtteile durch das Jugendamt beteiligt werden, damit keine Entscheidungen mehr über die Köpfe von Eltern und Kitamitarbeiter/innen hinweg durchgesetzt werden

Ingrid Hack – SPD
Eine aktive Beteiligung – „legitimierte Mitbeteiligung“ wäre mir zu wenig – kann auf vielfältige Weise geschehen. Da Sie mich hier als Landespolitikerin ansprechen, möchte ich anmerken, dass solche kommunalen Lösungen nicht einfach per Landesdekret zu verordnen sind, sondern zur regionalen Struktur passen müssen. Das macht die Sache unter Umständen etwas schwierig, denn eine gute Lösung für die ländlichen Gebiete des Münsterlandes oder Ostwestfalens muss noch lange nicht gut für eine Großstadt wie Köln sein.

Für eine Umsetzung in Köln bin ich wegen der sehr großen Zahl an Tageseinrichtungen etwas skeptisch, ob ein Delegationsprinzip nach dem Motto „Je KiTa eine Elternstimme“ wirklich sinnvoll ist. Auch ein reines Trägerprinzip, das Elternvertretung nach dem Kriterium sortiert, welche KiTa das Kind besucht, würde möglicherweise Gegensätze aufbauen, wo keine sind. Eine Organisation nach Stadtteilen und Bezirken wäre eine weitere Möglichkeit, die aber wiederum die Unterschiede zwischen den verschiedenen pädagogischen Ansätzen bei den Trägern verwischen würde. Jedes Modell hat so seine Vorteile und Tücken. Ich denke, Sie als Initiatoren und Organisatoren sollten ein für Ihre Bedürfnisse „passendes“ Modell entwickeln. Unabhängig vom Wahlausgang werde ich die Umsetzung gern begleiten, wenn Sie das wünschen. Jedenfalls sollten sowohl die Stadt Köln als auch das Land Nordrhein-Westfalen Eltern dabei unterstützen, eigene Strukturen der Interessenvertretung aufzubauen.

4. Wie sehen die Pläne Ihrer Partei aus, die Elternbeteiligung auch strukturell zu verankern?

Andrea Ursula Asch – Bündnis90/Die Grünen
s.o.

Dr. Carolin Butterwegge – Die Linke
Die Mitsprache eines Landeselternrates bei allen die Kindertagesbetreuung betreffenden Angelegenheiten sollte in einem neu auf den Weg zu bringenden Gesetz zur Kindertagesbetreuung verbindlich geregelt sein.
Ingrid Hack – SPD
Wie in 1 beschrieben wollen wir sowohl auf Einrichtungsebene, als auch im Bezirk, als auch in der Stadt, als auch im Land die Mitwirkungsrechte der Eltern strukturell stärken. Da wir die Auswertung der bisherigen Erfahrungen mit dem KiBiz noch in diesem Jahr – und nicht erst wie im Gesetz vorgesehen 2011 – angehen wollen, kann ich mir vorstellen, dass dies sogar recht schnell im Rahmen eines Gesetzes geschehen kann. Diesen Prozess kann ich aber unter den jetzigen Bedingungen nicht wirklich sicher vorhersagen oder auch nur versprechen, etwas Bestimmtes in ein Gesetz hineinzuschreiben.

Wir wollen als NRWSPD nicht den gleichen Fehler machen wie Scharz-Gelb und einfach so gegen die Interessen ganzer Gruppen etwas „durchpeitschen“ und die Behauptung in den Raum stellen, es diene dem Wohl der Kinder. Zur konkreten Ausgestaltung wird es eine Menge Gespräche und Verhandlungen geben. Was unsere Einstellung zur Elternbeteiligung angeht, dürfte ja bereits deutlich geworden sein: Sie soll erheblich gestärkt werden. Wir gehen wir davon aus, dass die Verbesserung der Qualität in der frühkindlichen Bildung nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Beschäftigten in den Einrichtungen und die Eltern gemeinsam daran arbeiten. Es gibt sicherlich viele Erzieherinnen, die von den Eltern etwas lernen können. Genauso gibt es aber – das wissen Sie sicherlich auch – Eltern, die viel von den Erzieherinnen lernen können. Oft lernen sogar beide Seiten voneinander. Wichtig sind dabei drei Dinge: Erstens müssen sich im Konfliktfall beide Seiten als gut informierte erwachsene Menschen begegnen, zweitens muss es Strukturen geben, die die Kommunikation und Lösungssuche befördern und schließlich ist es drittens das Entscheidende, dass am Ende eine gute Lösung für das Kind herauskommt. Bei all diesen Ideen muss ich leider sagen, dass sie unter den aktuellen Bedingungen nur schwer zu verwirklichen sind.

Eine Anmerkung zum Schluss: An einer Stelle möchte die NRWSPD auf jeden Fall die Elternbeteiligung abschaffen:-): bei den Gebühren für die frühkindliche Bildung! Diese sollen schrittweise – also pro Haushaltsjahr ein Kindergartenjahr – komplett und ersatzlos gestrichen werden.

Am 9. Mai können Sie das Kibiz abwählen!

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